Amanda Jenssen ist eine der führenden Künstlerinnen Schwedens, aber viel mehr noch, sie verfügt über das ganz gewisse Etwas, das nötig ist, um international Karriere zu machen. Neben ihrem natürlichen Talent, ihrer Ausstrahlung und ihrerAttitude sammelte sie in den vergangenen fünf Jahren seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums „Killing My Darlings“ unschätzbar wertvolle Erfahrungen in punkto Albumproduktion, auf Tour und als Platin-geehrte Chart-Stürmerin.
Zugegeben: die Musik, mit der Amanda Jenssen ihre Heimat im Sturm eroberte, ist von wilder, grenzenloser und expressiver Natur – doch mit diesem Sound könnte die junge Musikerin ohne Zweifel auch auf den großen Bühnen in Paris, Rom, Las Vegas, Berlin, London oder New York überzeugen. Klar, das sind große und kühne Worte. Aber die Songs und die Stimme geben das her. „Diese Album ist wie ein Filmscore. Ich liebe es. Es ist theatralisch, seltsam, surreal und gefährlich”, sagt Amanda.
Drei Jahre ist es her, dass Amanda mit „Happyland“ ein Album veröffentlichte, dass sowohl von den Kritikern als auch Fans heiß und innig geliebt wurde. Der Longplayer, der Platz drei in den schwedischen Charts erreichte (und ihr auch in Deutschland ihre erste Chart-Platzierung bescherte), wurde mit zwei schwedischen Grammys ausgezeichnet: in den Kategorien „Female Artist of the Year” und „Best Composer“.
Damals taufte sie ihre Musik „Gangster Jazz“. Anlässlich ihres neuen Albums bringt sie nun zwei neue Genre-Bezeichnungen ins Spiel: „Voodoo Jazz“ und „Jungle Jazz“. Der „Voodoo“ und der Dschungel lassen sich nicht leugnen – und auch die „Jazz“-Referenz ist ohne Zweifel nicht ganz unzutreffend. Auf „Hymns for the Haunted” verwendet Amanda jeden erdenklichen Farbton, den sie auf ihrer ganz persönlichen Palette finden konnte. Die Horn-Bläser schmettern mit maximalem Druck, Big Band Style. Dazu erklingen Streicher-Arrangements, Rock-Gitarren, Kastagnetten… jeder Sound fügt sich perfekt in den Gesamtmix.
„Hymns for the Haunted” ist dramatisch und bemerkenswert – in einem Wort: filmreif. Wie Ennio Morricone oder John Barry, um nur zwei der renommiertesten Soundtrack-Komponisten zu nennen. „So viel großartige Musik wurde mit Gitarre, Bass und Schlagzeug erschaffen. Doch wenn man Zugang zu so viel mehr hat, warum sollte man sich darauf beschränken“, erklärt Amanda. Möchte man sie dennoch einem Genre zuordnen, so kann diese nur die Aufschrift „Pop“ tragen. Ihre Art Pop schert sich allerdings nicht um Formatradio und verweigert jedwede stilistische Beschränkung.
Was ihre musikalischen Vorlieben angeht, so kann man Amanda Jenssen nach wie vor als „old soul in a young woman's body” bezeichnen. Vor drei Jahren, mit 21, moderierte sie die berühmt-berüchtigte schwedische Radioshow „Summer in P1“. Ihre Playliste setzte sich ausschließlich aus Künstlern zusammen, die bereits die Generation ihrer Großeltern oder Urgroßeltern hörte. Eine Künstlerin, die sie ausgewählt hatte, war Édith Piaf (1915-1963). Auf ihrem neuen Album kann man Amanda förmlich vor sich sehen, wie sie am Ufer der Seine flaniert, Hand in Hand mit der Reinkarnation von Edith Piaf, und das Lied „Light And Easy“ singt - komplett mit französischem Akkordeon und allem Drum und Dran.
Gibt man nun noch Jazz- und Blues-Sänger wie Bessie Smith, Billie Holiday und Ella Fitzgerald hinzu, ergänzt die ganze Sache mit Sixties-Acts wie Velvet Underground, Kinks, Beatles und Bob Dylan, so erhält man eine ganz gute Vorstellung von der musikalischen Basis, von der Amanda aus agiert.
„Die Musik der Sixties war frech, sie provozierte und besaß wunderbare Melodien. Man betrat damals Neuland und ich denke, das kann man heute noch hören“, schwärmt sie. „Heutzutage kann man aktuelle Musik überall hören. Sobald man in ein Kaufhaus geht, lässt sie sich überhaupt nicht mehr vermeiden. Und es ist so einfach, etwas zu mögen, daeinen ständig umgibt – man tut es, ohne darüber nachzudenken. Ich möchte aber meine eigenen Entscheidungen treffen. Ich war mir schon immer sehr sicher, was mir gefällt.“
Dass es sich um Amandas Musik handelt, wird sofort klar, sobald man die ersten Takte hört. „Das letzte, was man will, ist ein Album, das klingt, als hätte es das schon einmal gegeben“, ist Amandas Arbeitsmotto. Man muss schon in andere Länder schauen, um Künstlerinnen mit einem ähnlichen Ausdruck zu finden.Adele zum Beispiel. Es besteht ganz offensichtlich eine gewisse Übereinstimmung im Temperament der Musik und im Timbre ihrer Stimmen. Amanda hat gegen den Vergleich überhaupt nichts einzuwenden.
„Adele schreibt verdammt gute Songs und hat eine der großartigsten Stimmen unserer Zeit“, sagt sie. Bei der Entstehung des Albums standen ihr neben ihrem langjährigen Songwriting- und Studiopartner Pär Wiksten (Wannadies) erstmals auch Björn Yttling (Peter Bjor and John, Lykke Li) zur Seite. Beide zeichnen jeweils für etwa die Hälfte derSongs auf „Hymns for the Haunted“ verantwortlich.
„Mein neues Album klingt anders, aber das hatte ich nicht vorher so geplant“, erklärt die Sängerin. „Nach der Tour zum Album ‚Happyland‘ brauchteich einige Zeit, um über alles nachzudenken. Hätte ich den Prozess beschleunigt, wäre es wie das Pflücken unreifer Früchte gewesen. Mir war klar, dass ich warten musste, bis die Früchte reif sind. Erst dann habe ich sie gepflückt.“
|